So geht Artenschutz in Sambia, zu Besuch beim Chipembele Wildlife Education Trust

Artenschutz in Sambia: Zu Besuch beim Chipembele Wildlife Education Trust

Auf unserer Reise durch Afrika (insbesondere in Südafrika und Namibia) sind wir lange Zeit auf weitaus weniger ikonische Wildtiere gestoßen als es unsere Erwartung vom „wilden Afrika“ vorgab. Vor allem wurden wir beim Thema Artenschutz leider immer wieder damit konfrontiert, dass insbesondere die so imposanten wie wunderbaren Nashörner als Hauptziel der Wilderei der letzten Jahrzehnte immer seltener werden. Ziel der Begierde ist dabei das Horn, meist nicht als Trophäe, sondern zur Verarbeitung zu immer noch beliebter asiatischer Medizin, welche wissenschaftlich allerdings nachgewiesen nicht mal einen nennenswerten Effekt aufweist.

Schon in den 80er Jahren wurde die ehemals höchste Konzentration an Spitzmaulnashörnern ganz Afrikas im Luangwa Tal in Sambia gänzlich ausgerottet. Eine schreckliche Tragödie! Damit dies bis heute als Warnung gilt, wurde dort der Chipembele Wildlife Education Trust für den Artenschutz in Sambia ins Leben gerufen. Chipembele bedeutet nämlich auf der lokalen Sprache Chinyanja Nashorn.  

Chipembele Wildlife Education Trust für den Artenschutz in Sambia

Während unserer Zeit in Sambia bekamen wir die Möglichkeit, hinter die Kulissen einer Artenschutz-Organisation zu blicken. Wir besuchten den Chipembele Wildlife Education Trust vor Ort, lernten den inspirierenden Gründer Steve Tolan kennen, der uns mit Leidenschaft und Herzblut seine spannende Geschichte verriet und uns über das Gelände sowie die verschiedenen Einrichtungen führte, damit wir uns ein umfassendes Bild machen können, wie Artenschutz in Sambia aussehen kann.

Die Geschichte hinter dem Chipembele Wildlife Education Trust

Wir trafen Steve Tolan, der 1998 mit seiner Frau Anna den Chipembele Wildlife Education Trust gründete, persönlich und er erzählte uns, welche Zufälle und Schicksale ihn zum Artenschutz in Sambia gebracht haben. Bereits in den frühen 90er Jahren, zu einer Zeit, in der Reisen nach Afrika noch viel stärker Abenteuer-Expeditionen glichen, seien sie erstmals für drei Wochen nach Ostafrika gereist und das, obwohl er seine Heimat Oxford eigentlich nie verlassen wollte. Doch mit der Zeit und weiteren Reisen fing ihn die Magie Afrikas und er realisierte die Option eines Lebens vor Ort. Zusätzlich wollten sie aber auch etwas beitragen, etwas vor Ort bewirken.

Chipembele Wildlife Education Trust in Sambia

Damit war der Traum einer eigenen NGO zum Artenschutz in Sambia geboren, welchen die beiden durch ein Umweltbildungsprogramm für sambische Jugendliche formen und verwirklichen wollten. Als Steve und Anna 1998 erstmals in Mfuwe, einem kleinen Ort vor den Toren des South Luangwa Nationalparks, ankamen, stellten sie dem mittlerweile verstorbenen Häuptling Kakumbi ihre Pläne vor und hatten das Glück, auf ganz viel Verständnis zu stoßen und für dieses Anliegen sogar Land geschenkt zu bekommen, auf dem sie das Zentrum errichten durften. Sie gründeten eine sambische Wohltätigkeitsstiftung und verwendeten anfangs vor allem ihre persönlichen Ersparnisse zur Finanzierung.

Das Chipembele Wildlife Education Centre wurde im Mai 2001 eröffnet. Von dort aus wuchs das Projekt sukzessive, sodass mittlerweile eine ganze Reihe beeindruckender Naturschutz- und Gemeinschaftsprojekte für den Artenschutz in Sambia entstanden sind.

Über Bildung zum Artenschutz in Sambia

In the end, we will conserve only what we love; we will love only what we understand and we will understand only what we are taught

Klassenzimmer im Chipembele Wildlife Education Trust für den Artenschutz in Sambia

Dieses zukunftsweisende Zitat eines berühmten senegalesischen Forstwissenschaftlers aus dem Jahre 1968 spiegelt sich im starken edukativen Konzept des Chipembele Wildlife Education Trusts. Und es ist so wahr! Der Schlüssel lautet Bildung – so oft haben wir das auch in anderen Zusammenhängen auf Reisen erkannt.

Im Herzstück, dem Chipembele Education Centre, werden an zwei Tagen pro Woche Kinder und Jugendliche auf ganz besonders professionelle, bildhafte und eindrückliche Art und Weise unterrichtet. Wir durften uns vor Ort ein Bild von den tollen Einrichtungen machen, die mit der Zeit durch künstlerlich begabte Freiwillige entstanden sind. Liebevoll eingerichtete Klassenzimmer, die jedem Kind das Gefühl geben muss, in der Natur zu lernen. Angrenzend ein interaktiver Lernraum, der wie das tollste Naturkundemuseum aussieht, das wir je gesehen haben. Fährten von Löwen und Hyänen sind in den Boden eingearbeitet, Skelette von Giraffen oder Hippos aufgebahrt und getrockneter Kot lehrt, wie man Elefant, Zebra und Co. identifizieren kann. Wir hätten uns gewünscht, selbst hier Schüler zu sein. Sicher ist, dass sich deutsche Schulen von dieser Einrichtung eine Scheibe abschneiden können.

Über Bildung zum Artenschutz in Sambia

Wenngleich aufgrund der Ferien gerade kein Unterricht stattfand, so konnten wir uns die Unterrichtsrealität lebhaft vorstellen. Steve entschuldigte sich mehrmals, dass seine Frau Anna gerade nicht hier, sondern in England war. Die Schule und der Unterricht der Kinder sei nämlich vor allem ihr Ding.

Locals für den Artenschutz in Sambia

Nach über 25 Jahren Arbeit hat der Chipembele Wildlife Eduaction Trust hier namhafte Menschen aus dem kleinen Ort Mfuwe in Sambia in verschiedensten Bereichen hervorgebracht, die international für ihre Arbeit für den Artenschutz in Sambia und in ganz Afrika bekannt sind. Und das nicht nur wissenschaftlich, sondern auch technisch oder künstlerisch. Ein außerordentliches Beispiel ist Samson Moyo. Als Kameramann wirkt er in diversen internationalen Wildlife-Dokumentationen mit. Heutzutage ist er für seine Leidenschaft und einzigartigen Aufnahmen bekannt und als Natur- und Tierfilmproduzent, der manchmal für BBC arbeitet, Chef seiner eigenen Firma Mosam Media.

Ausgebildete Wildlife Schützer im Chipembele Wildlife Education Trust

Neuestes Projekt, so nennt es uns Steve voller Motivation, ist die Erschließung eines großen Grundstücks ein kleines Stück flussaufwärts des Chipembele-Zentrums, das der Organisation als Feldforschungszentrum gespendet wurde.

Das Hauptziel besteht darin, Kinder stärker aus dem Klassenzimmer heraus und in die Natur zu bringen. Die Zeit, die sie dort verbringen, soll ihnen helfen, die natürliche Umgebung aus erster Hand zu schätzen und darüber zu lernen, damit sie sie wirklich schützen möchten. Wir nennen es unser 'Nature Nights'-Programm.

Vielen jungen Sambiern und Sambierinnen zu einer Ausbildung und oftmals zu einer erfolgreichen Arbeit im Bereich Natur- und Artenschutz verholfen zu haben, nennt Steve als den größten Erfolg, den Kerngedanken des Chipembele Wildlife Education Trusts, und nicht zuletzt einen der Hauptgründe für zuletzt rückläufige Zahlen der Wilderei in den letzten Jahren.

Was ihm jedoch aktuell Sorgen für die Zukunft des Artenschutzes der Tierwelt in der Umgebung des South Luangwa Nationalparks bereitet, ist vor allem die Abholzung, welche lokal außer Kontrolle geraten ist, und der damit einhergehende Verlust von Lebensräumen.

Lehrräume von Chipembele für den langfristigen Artenschutz in Sambia

Artenschutz in Sambia und Wildtierpflege vor Ort

Neben der Schule befinden sich direkt auf dem Gelände auch einige Einrichtungen zur direkten Hilfe, Pflege und Aufzucht von großen wie kleinen Tieren. Darunter eine Boma (zur Begriffserklärung) für die Rehabilitation von Großwildtieren. Steve hat dort schon Büffel, Hippos und Elefanten aufgezogen. Hier befindet er sich voll und ganz in seinem Metier. Er gab uns zu verstehen, wie er mit seinen lokalen Pflegern zusammenarbeitet, was er für die geschwächten Tiere tut und auch was nicht, um den natürlichen Kreislauf des Lebens nicht zu beeinflussen. Ein geschwächtes Tier auf der einen Seite sichert nun mal auch den Fortbestand von Raubtieren.

Hinter einem Zaun schaute uns ein kleiner Buschbock mit großen Augen erschrocken an. Er kommt aus der Marula Lodge, unserer Unterkunft in Mfuwe, und wurde von Pavianen schwer verletzt. Wir kamen auf den zunehmenden Tourismus in der Gegend zu sprechen. Hier zeigt sich Steve durchaus skeptisch gegenüber zu viel Tourismus und gibt uns zu verstehen, dass er damit nicht viel zu tun haben möchte. Auch wir wissen zu gut, wie schnell einhergehender Massentourismus den Zauber eines Ortes wie diesen sowie Umwelt und Natur zerstören kann. Das Dilemma zwischen dem Werben für besondere Destinationen sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort und den oftmals aber auch leider negativen Folgen für die Umwelt macht uns schon seit einiger Zeit sehr nachdenklich. Schließlich werben wir als Reiseblogger- und autoren auch für Reiseziele. Was wenn die Kommerzialisierung in aller Rücksichtslosigkeit einsetzt und eine Lodge nach der anderen aus dem Boden sprießt, um massenhaft Touristen in die Nationalparks zu karren?

Volontourismus und der Umgang mit freiwilligen Helfern

Eine Facette dessen ist auch der wachsende Volontourismus im Bereich Wildlife, wo mittlerweile oftmals vermeintliche Artenschutz-Projekte einzigartige Erfahrungen bei der Arbeit mit wilden Tieren hochpreisig verkaufen. Die Diskussion um das Für und Wider sowie der sinnvollen Umsetzung ist mittlerweile Thema diverser Bücher und Artikel. Im Gegensatz zu vielen anderen Organisationen nimmt der Chipembele Wildlife Education Trust wirklich nur internationale Freiwillige auf, wenn sie bereits Experten auf diesem Gebiet sind. Steve brachte auch noch ein anderes Argument für diesen Ansatz:

Wir bevorzugen stattdessen, unsere Zeit und Ressourcen in sambische Schüler als Praktikanten zu investieren und sie zu zukünftigen Naturschutzführern auszubilden.

Auch wenn derzeit durch die Born Free Foundation sowie einem Spender-Ehepaar aus Großbritannien der Fortbestand der Arbeit grundlegend finanziert ist, so nennt er es nach wie vor die größte Herausforderung, immer wieder Gelder zu beschaffen und langfristige finanzielle Sicherheit zu gewährleisten damit die anstehenden Projekte rund um den Artenschutz in Sambia weiterhin verfolgt werden können.

Wir stehen auch vor einer Vielzahl von logistischen und kommunikativen Problemen aufgrund unserer Lage in einer abgelegenen Gegend, die unsere operativen Arbeiten verzögert und frustrieren kann.

Kuriose Geschichten aus einem bemerkenswerten Leben

Inzwischen waren wir, ganz privat, in seinem Wohnzimmer angekommen. Neben seiner imposanten Bibliothek, zeigte uns der Hobby-Paleontologe hier noch ein paar ganz besondere Fundstücke. Vor einiger Zeit wurde ihm eine kuriose Ehre erbracht. Im Zuge seiner bahnbrechenden Forschung wurde ein Dicynodont nach ihm benannt. Genauso wie wir fragst du dich bestimmt, worum es sich dabei handelt. Der Endothiodon tolani (Nachname Tolan) ist in pflanzenfressendes Wesen, welches als entfernter Vorfahre heutiger Säugetiere gilt und 25 Millionen Jahre, bevor sich erste Dinosaurier entwickelten, die Erde bevölkerte.

Außerdem war Steve auch 2017 am ältesten Dinosaurier-Fossilfund Afrikas in Simbabwe beteiligt. Bilder, Knochen und nicht zuletzt die dazugehörigen wissenschaftlichen Arbeiten zeugen von dem faszinierenden Fund. Mit solchen faszinierenden, unglaublichen Geschichten und Anekdoten aus seinem Leben pflastert Steve Tolan immer wieder unseren heutigen gemeinsamen Weg und wirkt dabei stets als großartige und sehr positive Inspiration für den Artenschutz – nicht nur in Sambia. 

So geht Artenschutz in Sambia, zu Besuch beim Chipembele Wildlife Education Trust

Artenschutz in Sambia und der White Saviourism Complex

Abschließend möchten wir noch auf ein polarisierendes Thema zu sprechen kommen, welches uns persönlich sehr umtreibt und noch viele Menschen mehr als Steve und seine Arbeit betrifft: White Saviorism.

Laut eines Artikels von Amnesty International beschreibt der White Savior Complex ein Phänomen, ,,nach dem sich weiße Menschen aus dem Globalen Norden dazu berufen fühlen, in Ländern des Globalen Südens Entwicklungs-, Aufklärungs- oder Hilfsarbeit zu leisten und damit wesentlich zur Reproduktion von einem unterlegenen, mitleiderregenden Bild von Gesellschaften im globalen Süden beitragen”.

Nicht zuletzt die Black Lives Matter Bewegung hat dazu beigetragen, dass die öffentliche Darstellung weißer Helfer in Afrika mittlerweile sehr kritisch ist. Die sehr populistische Diskussion zu diesem Thema geht teilweise so weit, dass gefordert wird, man solle lieber im eigenen Land bleiben und dort helfen, wo ,,Sprache, Kultur und Gemeinschaft ihnen vertraut sind, anstatt durch ihre vermeintliche Hilfe rassistische Denkmuster einmal mehr zu reproduzieren” (Quelle: Stimmen gegen Rassismus Blog). Doch schafft dies nicht unnötige Abgrenzung, wo vielmehr intensiver Austausch und kulturelle Begegnung (auch für den Artenschutz) stattfinden sollte?

Auf unsere gezielte Nachfrage zu diesem brisanten Thema und den damit einhergehenden, teilweise ausartenden Vorwürfen, kam von Steve die beruhigende Antwort, dass dies noch keiner gewagt hätte. Ihm war es sehr wichtig, folgendes Statement dazu abzugeben:

Dieses aktuelle Thema scheint sehr "woke" zu sein. Ich weiß nicht, ob ich mich davon beleidigt fühlen oder es einfach ignorieren soll. Stattdessen möchte ich nur sagen, dass unser Ziel immer darin bestand, sambische Studenten zu unterstützen und zu befähigen, Naturschutzführer zu werden, und wir haben nachweislichen Erfolg damit erzielt. Unsere Programme wurden sowohl von der Regierung als auch von den Einheimischen mit offenen Armen aufgenommen, und das Feedback war immer äußerst positiv.

Dem können wir absolut nichts hinzufügen. Der Chipembele Wildlife Education Trust arbeitet absolut vorbildlich für den Artenschutz in Sambia. Lokal integrierend als Verbündete der Menschen vor Ort, so wie es sein sollte. Wir sind ein großer Fan von solchen Projekten, die auf Augenhöhe lokal, nachhaltige Strukturen schaffen, wo auch immer auf der Welt.

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Henrik von Generation World
Henrik

Hi, ich bin Henrik - Mitbegründer von Generation World. Als Autor, Drohnenpilot und Videograf arbeite ich gemeinsam mit Hannah leidenschaftlich bei der Umsetzung unseres gemeinsamen Herzensprojektes.

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