Inhalt
Im Jahre 2014 kehrte ich nach Peru zurück – dem Land, mit dem ich eine ganze Menge toller Erinnerungen und Erfahrungen verband. Dem Land, in dem ich 2009 mit zarten 16 Jahren bereits über 2 Monate in (m)einer Gastfamilie in einer Kleinstadt unweit von Lima verbringen durfte. Doch diesmal begab ich mich nicht in die schützende Obhut meiner Gastfamilie, zu der ich immer noch engen Kontakt pflegte, sondern entschied mich für ein Praktikum in Peru. In Cusco, oben auf ca. 3400m, sollte ich in einem Regierungsprojekt zur Verstärkung des Sportunterrichts an Schulen mitwirken. Dies würde sich als Vollzeitpraktikum über 6 Wochen perfekt in mein Sportstudium einbetten lassen und als eines von zwei Pflichtpraktika akzeptiert werden. Ich nutzte die vorlesungsfreie Zeit zwischen meinem 4. und 5. Semester voll aus und konnte reisen ohne ein ganzes Semester zu verlieren. So begab ich mich auf dieses Abenteuer ohne vollumfänglich zu wissen, was mich dort alles erwarten würde…
Reisedaten
Reisezeit: Juli/August 2014
Reisedauer: 8 Wochen
Unterkunftsart: Gastfamilie
Als Sportlehrer in Cusco
Mein Arbeitsalltag in Cusco war neu, physisch wie psychisch anstrengend und voller intensiver Eindrücke. Schließlich habe ich davor nie so lange am Stück in Vollzeit gearbeitet. Eine gute Gewöhnung an die spätere Arbeitswelt und schließlich sollte mich diese Arbeit ja erfüllen. Als Fußballtrainer hatte ich viel Erfahrung im Training mit Kindern, als Schulsportlehrer noch nicht. Dies traute ich mir zwar zu, aber dann vor über 30 Kindern zu stehen, die anfangs mein Spanisch auch nur schwer verstanden, war dann schon nochmal etwas ganz anderes. Es war ständig laut und eine große Herausforderung, die Kontrolle zu behalten. Auch war die Ausstattung nicht mit der hiesigen zu vergleichen, wobei es da selbst in Deutschland große Unterschiede gibt. Aber dort waren wir echt um jeden halbwegs ordentlichen Ball dankbar. Hauptsächlich wurde der Fokus auf Fußball, Basketball, Volleyball und interessanterweise auch auf Handball gelegt, für Südamerika eine ziemlich neue, ungewohnte Sportart. Dies sah man der Art und Weise wie es gespielt wurde auch enorm an…
Der Hintergrund des Projektes
„Plan de Fortalecimiento de la Educación Física” – Plan zur Verstärkung des Schulsports. Unter diesem Motto stand mein Wirken an der Grundschule Francesco Sivirichi. Generell war es meine Aufgabe die von der Regierung geschickten Promoter in ihrem Vorhaben zu unterstützen, den Kindern mehr qualifizierten Sportunterricht zu bieten. Schnell war ich ein Teil des Teams und die Kinder bemerkten den Unterschied zwischen mir, dem jungen, europäischen Praktikanten und den einheimischen Experten kaum. Außerdem war ich aber genauso auch im „normalen“ Schulsport, den die zuständigen Lehrer der Schule sonst abhalten, präsent.
Daher bekam ich auch einige Spannungen zu spüren. Teilweise war die Sportlehrerin von der externen „Unterstützung“ nämlich gar nicht so begeistert und sah sich in ihrer umfassenden Kompetenz angegriffen. Ich versuchte diesen Machtkämpfen bestmöglich zu entkommen und mich mit jedem gut zu stellen. Auf jeden Fall aber war ich eher auf der Seite der Promoter integriert, mit denen ich tagtäglich mehr arbeitete und darüber hinaus auch intensiven Kontakt aufbaute.
Der Tagesablauf
Morgens begab ich mich bereits um 7 Uhr mit dem Bus auf den Weg zur Schule. Es waren lange anstrengende Tage, jeweils von 8-11 Uhr und von 13-18 Uhr. Die übliche lange Mittagspause von 11-13 Uhr, in denen die Kinder nach Hause zurückkehrten um zu Essen, nutzte ich zusätzlich oft für mein privates Training. Entsprechend kehrte ich mittags selten heim, was sich aufgrund der Fahrt auch nicht wirklich lohnte. Ansonsten spazierte ich durch die Straßen, aß etwas und ruhte mich im Park aus. Glücklicherweise kamen allerdings sowohl Schulferien als auch ein mehr als berechtigter Streik der Lehrkräfte dazwischen, sodass ich letztendlich nicht die kompletten 6 Wochen durcharbeiten musste.
Deshalb waren mir auch vermehrt Freizeitaktivitäten und größere Ausflüge möglich. Es ging u.a. zum Machu Picchu und in den Dschungel Manú. Des Weiteren gab es ständige lokale, meist abendliche Aktivitäten über Proyecto Perú, der Organisation, die mir dieses Praktikum ermöglichte. Angebote, welche ich gerne wahrnahm und fleißig besuchte um neue Kontakte zu knüpfen. Koch-, Spiel- und Tanzveranstaltungen sollten den Volunteers und Reisenden das heimische Leben und die Kultur näherbringen. Es war immer eine total lockere, nette Atmosphäre und durch das gemeinsame Fremdsein und ähnlichen Herausforderungen war man direkt verbunden, egal ob man aus den USA, Australien, Frankreich, Belgien, Deutschland, Spanien oder wo auch immer herstammte. Diese Bekanntschaften und Erfahrungen haben das Potential einen zu prägen, einen zu verändern. Ich bin dadurch auf jeden Fall nach anfänglichen Schwierigkeiten sehr viel offener, selbstbewusster, kommunikativer und auch lockerer geworden. Und wer es noch nicht weiß: So lernte ich dort eines Abends Hannah kennen.
Tagebucheintrag 22.07.2014:
„Oh ja, ich habe mir verdammt viel aufgehalst! So viel macht hier sonst keiner. Die anderen Volunteers arbeiten vielleicht vier Stunden in ihren Projekten pro Tag. Wenn‘s hochkommt. Aber ich muss ja meine 240h Workload in 6 Wochen durchbringen, um nachher noch nach Lima reisen zu können und für die ganze Reise auch ja kein Semester verliere…Jeden Tag von 8-11 Uhr und dann nochmal von 13-18 Uhr den jeweiligen Sportlehrern assistieren. Kids von 6-12 (Klasse 1-6), manchmal nur Mädchen, manchmal gemixt. Und was ich auch nicht weiß, was die sich dabei denken, mich am ersten Tag eine gemischte Klasse von knapp vierzig 9-10-Jährigen alleine beaufsichtigen zu lassen. Sagen wir’s mal so, die Kontrolle ist mir zeitweise ein bisschen abhandengekommen. Auf dem Sportplatz wäre es nicht mal so ein Problem gewesen, doch es ging darum im Klassenraum noch einige Projekte zu beenden. Doch heute, am zweiten Tag ging es dann schon ein bisschen besser.“
Erkenntnisse für Persönlichkeit und Leben
Diese Reise hat mich unendlich weitergebracht und geprägt. Ich war immer sehr, sehr strukturiert und sicherheitsbedacht. Immer bemüht, gut dazustehen und mich in jederlei Hinsicht nicht in peinliche Situationen zu begeben, mich zu blamieren. Diese Vermeidungshaltung musste ich ablegen in Peru, sonst wäre ich umso mehr gescheitert. Folgende Erkenntnisse veränderten mich:
1. Der Sprung ins kalte Wasser
Ich habe festgestellt, dass der bewusste Sprung in kaltes Wasser notwendig ist für Entwicklung. Sich in unsicheres Terrain zu begeben, auf dem man sich vielleicht nicht gleich wohlfühlt und brilliert, sondern erstmal geschockt wird und man den ein oder anderen Moment braucht, um sich zurechtzufinden, entwickelt einen enorm. Seitdem stelle ich mich ganz bewusst immer wieder solchen schwierigen Herausforderungen, von denen ich weiß, dass ich im ersten Moment Hemmungen habe und mich unwohl fühle, im Wissen nur so kann ich mich weiterentwickeln und Grenzen erweitern.
2. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt
Eng verknüpft mit Erkenntnis Numero Uno ist der zweite Punkt. Wer dauernd versucht Unheil zu vermeiden und nichts riskiert, mag zwar sicher sein nicht zu verlieren was er hat, aber dazugewinnen kann er auch nichts. Dies ist in jederlei Hinsicht so wahr, denn aufbauend auf Punkt 1, kann erst aus einem gewissen Risiko, einer Unsicherheit heraus ein Gewinn erzielt werden. Dies stimmt nicht nur für Geld, sondern insbesondere für Aspekte der Persönlichkeit. Und ja, es müssen auch mal eigene Fehler passieren! Vor 30 Kindern auf einer fremden Sprache zu unterrichten, die Gruppe einigermaßen unter Kontrolle zu halten, nach ein paar Einheiten sogar ganz akzeptable Ergebnisse zu sehen und die Freude im Lachen der Kinder gab mir einen unglaublichen Motivations-Boost und pushte mein Selbstvertrauen bis heute enorm.
3. Die schönsten Dinge passieren unerwartet
Ich hatte viele Erwartungen an meine zweite Reise nach Peru, die erste wo ich wirklich für mich alleine zurechtkommen musste. Offen auf Spanisch und Englisch zu kommunizieren und internationale Kontakte zu knüpfen war ein klares Ziel auf dieser Reise. Dabei sah ich es durchaus als Chance, dass mich niemand kannte und ich genauso nach ein paar Wochen ja auch wieder verschwinden würde. Dementsprechend wollte ich neben meiner Arbeit auch auf sozialer Ebene vor Ort das Leben genießen. Niemals hätte ich gedacht, dabei gleich zu Beginn meine Freundin kennenzulernen, an deren Seite ich jetzt bald seit 6 Jahren lebe. Hannah, noch dazu deutsch, keine 200km von Köln entfernt aufgewachsen und trotzdem hätten wir uns wahrscheinlich nie kennengelernt. In dieser fremden, aufregenden Welt haben uns die gemeinsamen Erlebnisse und überstandenen Strapazen mit Krankheiten und allem Drum und Dran gleich zusammengeschweißt. Seitdem leben wir unser Leben gemeinsam und ich bin froh, dass mir dies so unerwartet widerfahren ist. Nur eines, aber für mich DAS Beispiel: Unerwartet passieren die schönsten, außergewöhnlichsten, besondersten Dinge ganz automatisch! #schicksal
Finanzierung über PROMOS
PROMOS ist das Programm zur Steigerung der Mobilität von Studierenden deutscher Hochschulen. Auf den ersten Blick ein ziemlich konfuser Name. Aber mir hat dieses Programm einen Großteil der finanziellen Last abnehmen können. So hat es quasi für mich als Studierenden die Mobilität soweit gesteigert, dass ich mein Praktikum in Peru absolvieren konnte. Die Fördermittel stammen direkt aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung. Jedes Jahr kann man sich bis zu einer bestimmten Frist über seine Uni mit seinem begründeten Vorhaben bewerben und muss hoffen, einen der begrenzten Plätze zu ergattern. Die letztendliche Ausschüttung ist nicht nur stark von der Sinnhaftigkeit und den Zielen deines Projekts abhängig, sondern auch von den zur Verfügung stehenden Fördermitteln sowie natürlich auch den jeweiligen Mitbewerbern. Wenn du ein sinniges Konzept hast und dies bei deiner Uni gut begründest ist es absolut kein Hexenwerk. Trotzdem darfst du letztendlich nie damit rechnen und solltest finanziell unabhängig davon planen.
In meinem Fall habe ich 3 Tage vor der Abreise ein Stipendium für mein Praktikum in Peru über PROMOS erhalten, in Form eines Bargeldzuschusses von 1500€, in etwa die Summe der Kosten für das Praktikum, die Unterkunft und Versorgung vor Ort. Auch wenn ich es erst kurz vorher erfahren habe, das Geld also im Nachhinein kam, war ich mega happy. Einen Großteil habe ich direkt zur Refinanzierung beiseite gelegt, aber ein wenig habe ich natürlich auch meine Reisekasse vor Ort aufstocken können. Versuch es also definitiv und hol dir Unterstützung! Neben PROMOS gibt es eine Vielzahl von Förderprogrammen für solche Zwecke. Recherchier online oder frag nach bei deiner Universität!
Ausführliche Informationen zu PROMOS, allen Bewerbungsverfahren und Fristen findet ihr hier:
Proyecto Perú – Eine Empfehlung für alle Neugierigen
Vielleicht fragst du dich, wie man all diese Dinge organisiert und unter einen Hut bekommt. Vielleicht hast du auch gerade Abi gemacht oder studierst und bist bereit für ein Abenteuer, welches dir sicherlich mehr fürs Leben bringt, als das eine oder andere Seminar. Vielleicht stehst du auch schon mehr im Leben, willst aber trotzdem anderen Menschen helfen und dies mit dem Reisen kombinieren. Das ist gar nicht so schwer wie du denkst.
Nein, die folgende Empfehlung ist in keinem Fall kommerzielle Werbung, sondern vielmehr eine Herzensangelegenheit. Beiderseits. Die Organisation Proyecto Perú hat es sich auf die Fahne geschrieben, Menschen aus aller Welt interkulturellen Austausch zu ermöglichen und dich dabei mit deinen Erfahrungen persönlich wachsen zu lassen sowie dir neue Perspektiven auf die Welt um dich herum zu offenbaren. Die Mission finden wir nach wie vor klasse und vielleicht siehst du nun wieso es für uns persönlich eine Herzensangelegenheit ist, dir diese Option näher zu bringen.
Proyecto Perú vermittelt Voluntärprojekte sowie vollwertige Praktika und bietet darüber hinaus Spanisch- und Quechuakurse an. Außerdem vermittelt Proyecto Perú ebenfalls die Gastfamilien und bietet organisierte Touren im Umland von Cusco oder darüber hinaus an. Als ich dort war, gab es jede Menge gemeinsame Aktivitäten und pro Woche ein Event, wo alle zusammenkamen. Dort konnte man Freundschaften schließen und sich austauschen.
Interesse? Schau doch hier mal vorbei:
Was ist Proyecto Perú: https://proyectoperucentre.org/about-us.html
Praktika: https://proyectoperucentre.org/internship/index.html
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Henrik
Hi, ich bin Henrik - Mitbegründer von Generation World. Als Autor, Drohnenpilot und Videograf arbeite ich gemeinsam mit Hannah leidenschaftlich bei der Umsetzung unseres gemeinsamen Herzensprojektes.
Wie auf unseren Reisen, gibt es keinen Berg, der nicht zu erklimmen und keinen Weg, der zu weit ist. Kommst du mit uns?